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»Verlass mich nicht - mein Wind «

 

Ich sagte, von nun an sind wir eins, denn ich gehe mit dem Wind,

doch merkte ich, es war nicht so leicht wie gesagt.

Erneut türmten sich Steine vor mir auf.

Es wurden immer mehr und mehr.

Sie schlossen mich ein,

schafften es, uns abermals zu trennen.

 

Gefangen im Verlies - durch Steine die mir in den Weg gelegt wurden,

In Ketten gelegt - durch Hass, Neid, Verrat;

mit den eigenen Zweifeln allein gelassen.

Kauerte ich in der Dunkelheit.

Mit all seiner Macht begann der Wind zu toben, er versuchte zu mir hindurchzudringen.

 

 

Er wollte zu mir.

Doch ich vernahm ihn nicht.

Gefangen in meinen wirren Gedanken.

Gefangen in meinen Zweifeln.

Gefangen in meiner Dunkelheit..

Ich höre ihn nicht.

Doch er wollte zu mir

Rund herum vernahm ich nur Stimmengewirr

Stimmen, die auf mich einredeten und einschlugen.

Worte, die mir tief unter die Haut gingen.

Worte, die mir tief ins Fleisch schnitten.

Worte, die sich wie eine eiskalte Faust um mein Herz legten.

Worte, die mich bis ins Mark erschütterten.

Worte sind die schlimmsten Waffen der Menschheit,

Eine Waffe, die uns zur selben Zeit, heilen oder auch zerstören kann.

 

Ich schrie aus Leibeskräften

Tränen bahnten sich ihren Weg

Ich bekam Panik.

Schlug gegen die Wände, zerrte an den Ketten, doch es half nichts

Blut rann durch meine Finger,

doch ich gab nicht auf

ich konnte nicht... - … ich wollte nicht

ich wollte mich nicht von meinen Mitmenschen erniedrigen lassen,

ich wollte mich nicht in Ketten legen lassen,

ich wollte mich nicht besiegen lassen,

ich wollte nicht zu etwas werden, was ich nicht bin....

Also schloss ich meine Augen,

atmete tief durch,

sammelte meine restlichen Kraftreserven.

Ich bäumte mich erneut mit aller Macht auf,

bis die Ketten endlich aus ihren Halterungen rissen.

Ich stürzte vor. Ich sank auf die Knie.

Blut und Tränen vermischten sich.

Doch die Hoffnung kehrte zurück. Langsam-

Dann spürte ich ihn. Ich hörte den Wind.

Ich kroch an die Wände,

kämpfte mich zurück auf die Beine und fing an zu klettern

Immer wieder rutschte ich ab,

doch trotz den blutigen Fingern fand ich jede Lücke und fing mich immer wieder auf.

Jede Lücke im Gemäuer war wie ein Anker für mich.

Stück für Stück zog ich mich hoch, und

Stück für Stück ging es empor.

Meine Arme schmerzten doch ich war nicht bereit aufzugeben.

Ich sah das Licht,

ich spürte den Wind.

Ich fühlte mich nicht mehr allein.

Mit letzter Kraft zog ich mich über dieses Verlies,

nun stand ich da

weit oben auf den Klippen.

 

Ich sank auf die Knie, atmete schwer, die Tränen liefen und doch fühlte ich sie:

die Liebkosung des Windes.

Ich nahm sie an, und ließ es zu.

tankte Kraft und kämpfte mich erneut auf meine zittrigen Beine.

Nun stand ich da.

Oben auf den Klippen

spreizte meine Arme,

ich ließ los und ließ mich fallen.

Ich ging mit dem Wind.

Er fing mich auf und hob mich empor.

Strich mir zärtlich übers Gesicht,

spielte mit meinem feurigen Haar,

und nahm mich in eine feste Umarmung.

 

Ich driftete weg, doch er hielt mich fest.

Langsam, Stück für Stück

sank er mit mir nieder.

Er sprach: »Vertraue mir, wie eh und je«

Zusammen kamen wir unten an.

Zusammen und nicht allein.

Die Mauern um mein Herz waren errichtet, doch erneut fingen sie an zu bröckeln.

 

Sie bekam Risse, denn ich wußte, ich war nicht allein.

Denn erneut »Ging ich mit dem Wind «

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Kommentare: 3
  • #1

    Bücherhexe (Montag, 24 September 2018 09:46)

    Wow, dein Text hat mich zu Tränen gerührt! Er ist sooo wahr und spricht mir aus der Seele ♥️
    Ich danke dir dafür! Ich habe momentan auch eine sehr schwere Zeit und dein Text gibt mir wieder Mut und Hoffnung! ♥️

  • #2

    Marcus (Montag, 24 September 2018 12:24)

    Was soll man da sage ; ein Text der tief unter die Haut geht. Ich bin ganz bei Dir; nur was nimmt jemanden so wundervollen und sensiblen auf diese Reise in die dunklen Ecken unsere Seele. Ich kenne diesen Ort leider nur zu gut, ist doch eine Hälfte von mir da tagtäglich. Und der Wind; tja er ist eine Naturgewalten in beide Richtungen. Zusammen mit dem "Regen unseres Lebens", unseren Tränen und dem schmiergelnden Sand der Pein trägt er Schicht um Schicht von uns ab. Es gibt nie ein Ende dabei; ist ein immer währender Prozess des Vergehen und des daraus Neuerschaffenden. Wir entscheiden was wir am letztendlich daraus machen;es als Geschenk oder Fluch annehmen; wie wir uns selbst und anderen aus dieser Metamorphose heraus präsentieren.
    Bleib stark;glaube an Dich und das Licht. Nur die die wirklich sehen wissen das jedes Licht in sich ein Dunkel birgt aus dem es sich speist und täglich kämpft.
    Lg

  • #3

    Julia Hroch (Donnerstag, 05 September 2019 19:12)

    Wow. Ich bin sprachlos. Dieser Text geht unter die Haut direkt ins Herz. Mehr kann ich nicht in Worte fassen.